ich hatte Euch neulich schon mal geschildert, wie ich in Alanya zu meinem ersten Bungeesprung kam. Der war 1999. Ein Jahr später hatte ich mein Rennrad (Aluminium, nur 6 kg) mit nach Alanya gebracht und unternahm dort mehrere Touren. Zum Beispiel nach Mahmutlar oder inne andere Richtung nach Konakle. Ich wohnte damals mit meinem Kumpel direkt in Alanya, Con Sokak / Ecke Hacetstr. (nebenan von Foto Adnan und der Mädchenschule :smilie[145] für Mathe). Der Burgberg war nicht weit ...
Ich erzählte meinem Kumpel, dass ich mit dem Rennrad mal auf den Burgberg ....
Der übersetzte das gleich seinem türkischen Schwager, der auch zugegen war und beide zeigten mir synchron einen Vogel :smilie[162] . Ausserdem erklärten mich beide für verrückt. Egal, wenn sich der Andi wat innen Kopf gesetzt hat, dann wirddat auch durchgezogen.
Ich setzte mich auf mein Rennrad, fuhr den Atatürk-Boulevard bis zu der Kreuzung runter, wo früher auf der rechten Seite mal Albeni war. Dort dann links, schön mit Arm raushalten um die Fahrtrichtung anzuzeigen und dann gepflegt links einordnen. Ob die Türken wussten, was mein Armzeichen zu bedeuten hat ? Jedenfalls hielten die Gashebelquäler respektvollen Abstand zu mir

Dort, wo sich heute das Brauhaus "Red Tower" befindet,zweigte ich nach rechts ab und es ging nun schon heftig bergan. Ich erreichte eine maximale Geschindigkeit von etwa 11 - 15 km/h. Diese Geschwindigkeit konnte ich eine ganze Zeit bergauf halten, bis es dann vor dem Parplatz an der Burg zu steil wurde. Ich erreichte nur noch 6 km/h . Als ob das nicht genug wäre, musste ich verkehrbedingt noch anhalten. Natürlich wollte ich auch wieder anfahren. Nur, es ging nicht :smilie[162] .
Jedesmal wenn ich "Schwung" hatte und ich den zweiten Fuß wieder auf die Pedale nehmen wollte, rollte ich schon wieder rückwärts :smilie[106] .
Also, da ich ganz nach oben auf den Parkplatz wollte, half nur eins, schieben !!!. So erreichte ich immerhin wieder eine Geschwindigkeit von 6 km/h, nachdem sie vorher auf ca 2 - 3 km/h abgefallen war.
Oben angekommen verschnaufte ich erstmal und genoss die Aussicht, die mich immer wieder in den Bann zieht.
Tja, und dann ...
... dann ging's abwärts. Aber im warsten Sinne des Wortes. Ich brauchte gar nicht zu treten, es reichte vollkomen, mich auf's Radl zu setzen und die Füsse hochzunehmen. Nach wenigen Metern hatte ich bereits 30 km/h drauf und ich wurde noch schneller. 40 ... 50 ... 55 ... Das schnellste war 58,7 km/h. Weit oben kann man das auch noch gut fahren, aber irgendwann kommen die scharfen Kurven bzw Serpentinen. Also bremsen. Macht sich ja eigentlich gut, obwohl, wer brenmst verliert ...

Aber ich musste bremsen, denn als Radfahrer ist man wesentlich leichter und hat einen sehr viel höheren Schwerpunkt, beides führt bei hoher Geschwindigkeit dannn dazu, dass man eher als ein Auto bei gleicher Geschwindigkeit aus den Kurven getragen wird. Also bremsen. Nur, die zeigten kaum Wirkung :smilie[132]
Ich zog die Bremshebel am Lenker bis zum Anschlag und meine Geschwindigkeit veringerte sich tatsächlich auf ca 40 km/h. Aber nicht weniger. Ach du Sch

Meine schmalen Reifen passten dort jedenfalls mehr als gut hinein. Meine Aufgabe war nun, die Zwischenräume dieser nebeneinander angeordneten Rillen mit ca 35 km/h genau zu treffen. Die Rillen waren ca 10 cm weit auseinander. Ich passierte unvermindert einen leichten Linksbogen und sah nun die Abdeckung mit den "gierigen" Rillen auf mich zu kommen. "Nur keinen Fehler machen," dachte ich und konzentrierte mich auf diese Abdeckung, die unaufhaltsam immer näher kam. Ich schaffte das fast unmögliche und rauschte genau zwischen den Rillen durch, so dass mir anschliessend ein Stein ... äh, der Ganze Burgberg vom Herzen fiel

Aber die Fahrt ging ja noch weiter. Es wurde etwas flacher und ich damit wieder etwas langsamer. Allmählich veringerte sich meine Geschwindigkeit auf 10 - 20 km/h. Damit war es möglich, das letzte steile Stück am "Red Tower" mit seinen Kurven zu meistern. Ich fuhr dann zum roten Turm hin und bog in die Discothekenemeile ein, wo sich auf der linken Seite ein großer Platz mit Bänken befindet. Ich nahm auf einer Bank Platz, das Fahrrad stand direkt vor mir. Während ich nun erst mal "runterkommen" musste (meine Kniee zitterten wie Espenlaub), fiel mein Blick auf meine Bremsen. Mein Rennrad hat Felgenbremsen, nur, von den Bremsbelegen war nicht mehr viel zu sehen. Die waren völlig verschmort und fast bis auf den Stahl abgenutzt. "Au Schitt," dachte ich bei mir.
Ich hatte absolut nicht damit gerechnet, dass dieser Trip so extrem ist. Und ich war unendlich froh, dass ich heile unten ankam.
Was hätte alles passieren können ...
- ein Kind läuft vor's Rad.
- ein Hund läuft vor's Rad.
- ein loser Stein auf der Fahrbahn.
- ein Reifen platzt (schon passiert in D ).
- die Bremsen versagen völlig.
- ich in eine der Rillen der Fahrbahnabdeckung geraten (Mathematiker können ja mal ausrechnen, wie weit ein ca 90 kg schwrer Andi fliegt, wenn er von 30 - 40 km/h in Null Sekunden auf Null runtergebremst wird

- oder, oder, oder ...
Aber wie heisst es bei den Dervischen so schön: "Habe Vertrauen !" Ich danke jedenfalls Gott (Allah) dafür, dass nichts passiert ist.
Zu Hause fragten mich mein Kumpel und sein Schwager, ob ich tatsächlich auf den Burgberg bin. Ich bejahte und musste eine schon bekannte Reaktion über mich ergehen lassen. Das mit dem synchronen Vogelzeigen. Dann erzählte ich alles Haarklein und die Reaktion der beiden trat erneut ein, nur diesmal mit dem Ausspruch meines Kumpels, dass ich einfach nur durchgeknallt sei ...
Damit kann ich leben

Der Adrenalinschub war jedenfalls genau so heftig, wie ein Jahr zuvor beim Bungee. An irgendwas muss es ja liegen, dass Alanya süchtig macht

Vielleicht sollte ich mal Wasserski laufen, ohne Ski ...
Oder Fallschirmspringen ohne Schirm

Oder mit einem Suzukijeep mal die Berge in Fallrichtung runterfahren, ohne die Strassen zu benutzen


In diesem Sinne, liebe Grüße
Andi (dessen höchste Geschindigkeit 63,8 km/h beträgt)